Predigt zum 6. Sonntag nach Trinitatis 2020

Hören und lesen Sie die Predigt von Pfarrer Christian Noeske zum 6. Sonntag nach Trinitatis 2020:

 Predigt zum 6. Sonntag nach Trinitatis 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

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Predigt zum 6. Sonntag nach Trinitatis 19. Juli 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

Der Wochenpsalm ist der Psalm 139.

Unsere Kirchenälteste Frau Cremer und ich haben bereits einige Verse dieses Psalms der Bibel im Wechsel gesprochen.

Vielleicht ist es Ihnen noch im Ohr, wenn es in diesem Psalm heißt:

„Ich sitze oder stehe
ich liege oder gehe
du bist um mich und siehst alle meine Wege.

Von allen Seiten umgibst du mich
und hältst deine Hand über mir.“

Oder diese schöne bildhafte Wendung:

„Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,
würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.“

Hören wir, wie dieser Psalm in der Bibel weitergeht.

Der Beter spricht zu Gott

„Herr, du hast meine Nieren bereitet
und hast mich gebildet im Mutterleibe.

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin -
wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele.

Es war dir mein Gebein nicht verborgen,
da ich im Verborgenen gemacht wurde,
da ich gebildet wurde unten in der Erde.

Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war
und alle Tage waren in dein Buch geschrieben,
die noch werden sollten und von denen keiner da war.

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz,
prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin
und leite mich auf ewigem Wege. (Psalm 139, 13-16, 23+24)

Soweit Worte des 139. Psalms!

Als ich über diese Psalmworte nachdachte,
kam mir ein Kirchtags-Motto in den Sinn:

„Was für ein Vertrauen!“

Es war Motto des Kirchentags 2019 in Dortmund.

„Was für ein Vertrauen!“

Dieser staunende und bewundernde Ausspruch könnte auch als Überschrift über dem Psalm 139 stehen.

Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin
wunderbar sind deine Werke!

Was für ein Vertrauen!

„Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war.“

Was für ein Vertrauen!

Ich wünsche mir, dass dieser Beter uns anstecken kann mit seinem Vertrauen,
uns anstecken kann mit diesem Dank an Gott.

Ein Dank, der nicht den Akzent darauf setzt, was wir nicht können
was wir nicht sind - was uns nicht gegeben ist,
sondern ein Dank, der den Blick lenkt auf das andere: Das Gute, das Schöne, das Wunderbare, das wir selber sind.

Ich freue mich über diesen bewundernden und dankbaren Blick auf das, was ich selber bin, auf Körper und Geist.

Dieser Blick auf das, was wir können, was uns geschenkt ist.

Ich wünsche mir und Ihnen diesen dankbaren Blick.
Ich wünsche uns ein gutes und starkes „Selbst-bewusstsein“.

Dass wir nicht immer nur davon träumen, wie es anders wäre,
sondern uns anstecken lassen von diesem Blick der Dankbarkeit darüber, was gerade mir geschenkt wurde, was ich als Eigenes habe.

Das ist der Impuls, den ich hier aus dem 139. Psalm höre.

Und ich bin fest davon überzeugt, dass diese tiefe Dankbarkeit sich dann auch auswirkt.

Wir bereit werden, uns einzusetzen um Not zu lindern bei anderen, denen es nicht so gut geht, wie mir selber.

Und auswirkt auch darauf, dass wir innerlich ausgeglichener werden.

Was für ein Vertrauen spricht sich hier in den Psalmworten aus. Auch wenn wir weiterlesen:

„Du bist der Gott, der mich sieht
der Gott, der mich ansieht“

Diese Gewissheit formuliert der Beter hier im 139. Psalm

Natürlich ist es gut, Ansehen bei Menschen zu haben und wir streben danach, ob wir jung sind, mittelalt oder im fortgeschrittenen Alter.

Wir streben danach,
dass wir beachtet sind,
dass unsere Meinung gefragt ist,
dass wir „Beachtung“ finden mit dem was uns wichtig ist
dass wir selber be- und ge- achtet werden.

Wir wissen, wie schwankend Ansehen bei Menschen sein kann.

An dem einen Tag haben wir viel davon
und am nächsten Tag ist schon wieder alles anders.

Oder schlimmer: Wir erleben falsche Unterstellungen, Anfeindungen oder Gleichgültigkeit

Wir suchen danach, dass wir wahrgenommen werden,
dass wir vorkommen, dass wir Zuspruch und Beachtung finden
und kommen nicht vor,
werden nicht wahrgenommen.

Manchmal bekommen wir leider zu wenig Beachtung – zu wenig „Schulterklopfen“
Zu wenig Aufmerksamkeit
zu wenig wirkliches Interesse.

Für mich ist es tröstend zu hören:

Bei Gott bin ich beachtet!
Bei Gott bin ich geachtet!

Und das ist der Zuspruch, den ich heute aus dem 139. Psalm mitnehmen will:

Du bist der Gott, der mich sieht
der Gott, der mich ansieht

„Deine Augen sahen mich,
da ich noch nicht bereitet war.“

Der 139. Psalm schließt mit einer Bitte,
die ich mir selbst gerne zu eigen machen möchte:

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz
prüfe mich und erkenne, wie ich‘s meine.
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin
und leite mich auf ewigem Wege

Diese innere Haltung wünsche ich mir und Ihnen:

Die innere Bereitschaft, unseren eigenen Stil, unseren eigenen Weg,
unsere Anschauung auch hin und wieder hinterfragen zu lassen.

Es Gott hinzuhalten und zu bitten:

Hilf mir im Umgang mit mir selber
den guten Weg zu finden und zu gehen!

Hilf mir im Umgang mit den anderen
den guten Weg zu finden und zu gehen!

Hilf mir im Umgang mit Geld und Gut, den guten Weg zu finden und zu gehen.
Wieviel weggeben und spenden und wieviel für mich selber behalten?

Ja, gerne lasse ich mich anstecken von dem Vertrauen des Beters des 139. Psalms

Und wünsche mir für mich selber:

Wie der Beter aus der Bibel will ich diese Bitte an Gott richten:

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz
prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine

Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin
und leite mich auf ewigem Wege

und Gottes Frieden, der höher ist als all unser Denken
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus

Amen

 

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