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Predigt zum 1. Sonntag nach Trinitatis 2020
Hören und lesen Sie die Predigt von Pfarrer Christian Noeske zum 1. Sonntag nach Trinitatis 2020:
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Predigt zum 1. Sonntag nach Trinitatis 14. Juni 2020 (Pfarrer Christian Noeske)
In der Predigt heute morgen möchte ich den Text des alternativen Wochenliedes mit Ihnen betrachten.
Es gibt ja für den gesamten Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Ordnung der gottesdienstlichen Texte und Lieder.
Und normalerweise ist einem Sonntag ein Wochenlied zugeordnet.
Beim heutigen 1. Sonntag nach Trinitatis stehen allerdings zwei Lieder zur Auswahl. Und da mir das zweite mögliche Wochenlied sehr lieb ist und ich es sehr gerne singe und höre, stand schnell der Gedanke im Raum: Warum nicht eine Liedpredigt zu diesem Lied.
Ursprung des Liedes sind die Niederlande. Die etwas widerständige und nicht einfach zu singende Melodie stammt von einem niederländischen katholischen Kantor aus den 1960er Jahren.
Der niederländische Originaltext stammt von Huub Oosterhuis. Vom Herkommen ein Jesuit und Priester, aber er ist verheiratet und übt das Priesteramt nicht aus. Er war bei Königin Juliane der Niederlande und Prinz Klaus ein sehr gern gesehener Gast und hat bei der Bestattung von Prinz Klaus auch die Trauerrede gehalten. Die Texte von Huub Oosterhuis sprechen mich an, auch dieser hier.
Allerdings tritt noch ein weiterer Autor dazwischen: Lothar Zenetti – ein wortgewandter römisch-katholischer Priester und Schriftsteller, der im letzten Jahr verstorben ist. Er hat den niederländischen Text nicht einfach übersetzt, sondern neue Akzente gesetzt. Und so ist dieses Lied entstanden, das nun in der neuen Text- und Liedordnung zum Wochenlied dieses Sonntags geworden ist.
„Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
fremd wie dein Name sind mir deine Wege
Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott
mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen?
Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?
Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.“
So lautet die erste Strophe dieses Liedes.
Was für ein eindrückliches Bild am Anfang: Leere nach oben hin geöffnete Hände -mit der unausgesprochen Bitte an Gott:
Fülle meine Hände,
fülle sie mit deinem Segen!
fülle sie mit deinem Trost!
Ist es nicht manchmal so, dass wir so beschäftigt sind, dass unsere Hände selten ruhn,
dass wir oft gar keine Zeit und Muße finden so offen und erwartungsvoll vor Gott zu treten.
Ich finde, es ist eine schöne Grundhaltung: Diese Offenheit!
Ich muss nichts bringen – aber ich kann mich beschenken lassen.
Wie ein Kind – empfangen und ganz einfach dankbar sein.
Neben dem Grundton des Vertrauens
wird im Lied aber noch ein anderer Ton angeschlagen: Der Ton des zweifelnden Fragens.
In diesem Lied begegnet mir nicht allein „fröhliche Glaubensgewissheit“, die leuchtet zwar auch immer wieder durch. Aber dennoch auch immer wieder der fragende Zweifel oder die zweifelnde Frage.
Gott selber wird nicht in Frage gestellt aber der Inhalt unseres Glaubens und unsere Erfahrung passen manchmal nicht gut zusammen.
Darum spricht mir ein Satz wie „fremd wie dein Name sind mir deine Wege“ eigentlich aus dem Herzen.
Der Respekt vor dem Namen Gottes: Den Namen Gottes nicht aussprechen, sondern zu umschreiben, das ist eine Praxis aus dem Judentum. Hier ist dieser Respekt und Abstand zum Namen Gottes tief im Denken und Leben verankert.
Und mir kommt das nahe, ich kann dem viel abgewinnen:
Das Befremdliche, das „ganz andere“, das mir mit Gott begegnet
so stehen zu lassen und trotz aller Unwissenheit und trotz allem Zweifel an der Hoffnung und am Vertrauen festhalten.
So wie es seit je und je Menschen tun und sich Gott zuwenden:
„Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott
mein Los ist Tod hast du nicht andern Segen.“
Mit dem Lieddichter tragen wir unsere Fragen vor Gott.
Es sind Fragen, die nicht eine einfache Antwort erwarten, sondern Grundfragen des Menschen, die uns ein Leben lang begleiten.
Schließlich mündet die erste Strophe in eine abschließende Bitte:
„Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen“, Gott!
Hilf mir zum Glauben – hilf mir beim Glauben zu bleiben trotz aller Zweifel, hilf mir in meinem Glauben. Ich werde erinnert an die Bibelgeschichte, in der der Vater eines kranken Kindes zu Jesus sagt: „Ich glaube – hilf meinem Unglauben“.
Die zweite Strophe zieht diese Linie weiter aus: Diese Linie, die lautet:
Ich will glauben – Zweifel drohen den Glauben zu ersticken – die Bitte an Gott um Hilfe
„Von Zweifel ist mein Leben übermannt,
mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand
in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?
Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land
Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?“
Es sind Bilder aus der Bibel die hier durchscheinen:
- beispielsweise des „Gelobten Landes“ als Bild für die himmlische Heimat.
- das Heimkommen zu Gott nach diesem Leben.
- die Hoffnung auf den neuen Himmel und die neue Erde, die die neu-gemachten Augen der Auferstehung sehen werden.
Aber so weit sind wir hier noch nicht.
Wir sind und bleiben bei den Fragen, die auch keine schnelle Antwort bekommen.
Sondern im Lied in die Bitte an Gott münden:
Sprich du das Wort, das tröstet und befreit
und das mich führt in deinen großen Frieden.
Ja, dazu sind wir hier versammelt.
Das ist die Einladung im Gottesdienst – auch über Radio, Fernsehen, Internet oder auch aufgeschriebene Gottesdienste und Predigten, sich dem auszusetzen: Dass Gott uns tröstet und befreit.
Darum kann es auch unsere Bitte sein und werden:
Sprich du das Wort Gott, das tröstet und befreit,
das mir zum Frieden hilft aber auch,
mich auf den Weg zu machen und dort zu helfen,
wo ich helfen kann.
Die Bitte wird fortgesetzt:
„Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt, und lass mich unter deinen Söhnen leben.“
Ich hoffe und wünsche es mir, dass unsere Gottesdienste das immer wieder sein können.
Momente, in denen unsere Hoffnung gestärkt wird,
indem wir spüren und merken: Wir sind nicht allein unterwegs
Andere sind an unserer Seite
und vertrauen mit uns zusammen darauf, dass Gottes Verheißung
Gottes Zusage gewiss ist.
Trost im Leben und im Sterben, wie es der Heidelberger Katechismus sagt.
Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst
Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.
Nicht nur am Sonntag!
Nicht nur im Gottesdienst!
Sondern in unserem Alltag, jeden Tag!
Wie unser täglich Brot, so soll uns unser Vertrauen auf Gott begleiten.
Ein Vertrauen, das sich immer wieder bewähren muss
dass wir nicht einfach haben, sondern immer wieder wagen müssen.
Aber wir sind getragen durch ein Grundvertrauen,
das in diesem Lied immer wieder durchklingt.
Es ist das Grundvertrauen, das uns in der Bibel vermittelt wird.
Hören wir zum Abschluss auf Worte eines biblischen Psalms. Es ist der Psalm 90 mit der Überschrift: Zuflucht in unserer Vergänglichkeit.
Da heißt es:
Herr, du bist unsere Zuflucht für und für
Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen
wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Der du die Menschen lässest sterben
und sprichst: Kommt wieder Menschenkinder. (Psalm 90, 1-3)
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Denken
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus
Amen